Nov 27, 2018
Mich hat die amerikanische Kultur schon immer fasziniert. Ich bin aufgewachsen mit amerikanischer Musik, TV-Shows und Filmen. Auch die amerikanischen Sportarten Football, Basketball und Cheerleading sind eine große Leidenschaft von mir. Einer meiner geheimen Wünsche war auf ein amerikanisches College zu gehen. Ich habe lange nicht gedacht, dass das ein realistischer Wunsch ist, weil die Studiengebühren in Amerika so hoch sind. Dank der Unterstützung von Fulbright und der TU Berlin kann ich mir jetzt diesen Wunsch erfüllen.
Anfang August ging es dann los für mich in die Staaten. Ich habe erstmal etwas Urlaub in Miami gemacht (sehr empfehlenswert!) und danach New York erkundet. Zusammen mit anderen Fulbrightern ging es dann auf einen Roadtrip von New York, bis zu den Niagara Fällen durch Michigan bis nach Chicago. Es war eine besondere Erfahrung Michigan kennenzulernen vor Semesterbeginn. Der Staat ist wunderschön. Es gibt viel Natur, den Lake Michigan und nette Menschen (von denen auch erstaunliche viele ein paar Wörter in Deutsch sagen können).
Hier in Ann Arbor (kurz: AA oder A2) lebe ich in einem Cooperative mit 48 anderen Housemates. Co-ops sind so etwas wie die Alternative zum Greek Life (den Bruderschaften und Schwesternschaften). Wir teilen uns die Haushaltsaufgaben, Gemeinschaftsräume und das Essen. Letzte Woche gab es im Haus ein deutsches Abendbrot mit (veganem) Schnitzel und Kartoffelsalat. Meinen Housemates hat es geschmeckt!
Neben den praktischen und finanziellen Vorteilen ist das Leben in einem Co-op überraschend und spannend. Man hat vom ersten Tag an Freunde und es gibt immer jemanden, mit dem man reden kann. Ab und zu gibt es Hauspartys, Kürbis schnitzen oder Impro-Theater-Shows im Esszimmer. Da das Haus nicht exklusiv ist treffen hier eine Mischung von diversen und spannenden Charakteren aufeinander. Meine Mitbewohner*innen sind beeindruckt, sie sprechen sehr offen über ihre (psychischen) Probleme. Sie probieren die Welt/USA zu verbessern und nachhaltiger zu leben.
Zu unserem Haus gehört auch eine wunderschöne Veranda mit Blick auf die Hill Street. Auf der Hill Street spielt sich ein großer Teil des Studentenlebens ab. Neben vielen Tailgate Partys an Spieltagen, gibt es hier auch einen großen Stein. Traditionell wird der Stein von den Studierenden immer wieder angemalt. Manchmal sogar mehrmals am Tag. Niemand weiß, wie groß der Stein unter all den Schichten Farbe überhaupt ist.
Apropos Farbe: die Wolverines (das Football Team der University of Michigan) hat eine Jahrzehnte Lange Rivalität mit den Spartans (dem Team der naheliegenden Michigan State University). Die Woche bevor die beiden Teams gegeneinander spielen, wird ein goldenes M, im Herzstück des Campus 24/7 von Studierenden bewacht, damit es nicht von den Anhängern der Spartans angemalt wird.
Die Verbundenheit der Studierenden und Einwohner zur Universität beeindruckt mich immer wieder. Nicht nur an Spieltagen ist die komplette Stadt in Maize (bestimmter Gelb Farbton) und Blue gehüllt. Viele Menschen sind stolz die Unikleidung jeden Tag zu tragen. Das konnte ich nicht nur in Ann Arbor sehen, sondern auch während meines Roadtrips durch Michigan.
College Football ist an der University of Michigan sehr wichtig. Die Wolverines haben die meisten all-time Siege im College Football erreicht (derzeit 951) und spielen im größten Ballsportart Stadium der USA. Der Coach der Wolverines ist unter den 10 am meisten verdienenden Coaches aller Sportarten der Welt, er verdient z.B. mehr als Jürgen Klopp.
Im Big House (Stadium der Wolverines) sind bei jedem Heimspiel über 100.000 Menschen. Die Stimmung in der Student Sektion ist berauschend. Um das Stadium herum gibt es die berühmten Tailgates. Mein Highlight war ein Spieltag, an dem wir bei dem Tailgate der Familie einer Mitbewohnerin waren. Ihre Eltern haben sich sehr gefreut, dass ich aus Deutschland komme, weil sie das Land sehr mögen und ihre Vorfahren von dort kommen. Diese amerikanische Freundlichkeit gegenüber Fremden ist echt schön.
Nicht nur Football gefällt mir hier sehr gut, sondern auch die University of Michigan. Überrascht hat mich wie einfach ich mit meinem «Schulenglisch» den Vorlesungen folgen und zu ihnen beitragen kann. Ich bin beeindruckt von der Zeit, die sich Professoren hier für die Studierenden nehmen und wie viele Case Reports wir machen. Insbesondere zwei meiner Professoren lassen mich die Welt von einer ganz neuen Perspektive wahrnehmen.
Neben der Uni bin ich auch noch bei TEDxUofM aktiv. Da ich an meiner Heimatuni ein TEDx Event organisiert habe, habe ich mich schon lange darauf gefreut das Team der University of Michigan kennenzulernen. Es ist sehr spannend, wie anders die Arbeitsweise ist: Meetings dauern immer genau eine Stunde (das ist auch gängig bei Gruppenarbeiten in der Uni) und das Team ist deutlich größer.
Neben all den schönen Erfahrungen ist meine Zeit hier auch voller Herausforderungen. Angefangen mit Fragen wie: wo kann ich eine Bettdecke kaufen und wie funktioniert das Bussystem; sind Heimweh und das Leben mit 48 Hausmates neue Situationen für mich.
Ein Auslandssemester gibt einem auch die Gelegenheit zu reflektieren. Man lernt sich selbst in einem neuen Umfeld kennen, versteht seinen Stärken und Schwächen besser und merkt was man an seinem Zuhause am meisten wertschätzt. Als Person habe ich in den letzten Monaten eine große Entwicklung gemacht. Ich bin glücklich diese Möglichkeit zu haben und ich freue mich schon darauf die ganzen Ideen, die ich durch das Studium und Leben hier bekommen habe, in Berlin in Projekte umzusetzen.
Falls ihr mehr von meinem Erlebnissen sehen wollt, folgt mir auf Instagram: @rebvmarie . Ich beantworte auch gerne eure Fragen zu den USA!