Jul 29, 2019
Mein akademisches Jahr 2018/2019 habe ich an der University of Kansas in Lawrence verbracht. Es war deutlich cooler, als es sich im ersten Moment eventuell anhören mag. Vor Beginn meines Auslandsjahrs in Kansas wurde ich des Öfteren mit etwas verwunderter Stimme gefragt, warum denn ausgerechnet Kansas?! Nachdem ich zwei Semester an der University of Kansas (KU) studiert habe, kann ich definitiv besser darauf Antworten als zuvor.
Die University of Kansas ist eine typisch amerikanische Campus-Universität. Der Uni-Campus hat neben Bibliotheken und Vorlesungsgebäuden so ziemlich alles zu bieten, was man sich vorstellen kann, angefangen bei einem Fitness-Center, über Beachvolleyball-Felder bis hin zu einem Schwimmbad. Man konnte sich sogar Kanus und Hängematten sowie Zelte im Recreational Center ausleihen. Das Angebot der Universität ist definitiv sehr beeindruckend gewesen. Auch der Haupt-Campus in Lawrence ist super schön angelegt mit einem See, einem Springbrunnen und vielen kleinen Sitzmöglichkeiten, die zum Lernen und Lesen im Freien einladen - und lesen musste ich definitiv sehr viel.
Dass das amerikanische Universitätssystem deutlich verschulter ist als das deutsche und dass man mehr Aufgaben erledigen muss, war mir im Vorhinein bereits bekannt. Allerdings hat mich dies nicht vor einigen sogenannten „all-nighters“ bewahrt, die ich kollektiv besonders während der „final week“ mit meinen drei amerikanischen Mitbewohnerinnen am Küchentisch verbracht habe. Nichtsdestotrotz erinnere ich mich gerne an diese Nächte zurück, in denen wir um zwei Uhr nachts zu McDonalds und Walmart für eine „study break“ gefahren sind. Es sind die kleinen Erfahrungen (die eventuell typischen „American College Experiences“), die mir besonders in Erinnerung bleiben werden.
An meiner Heimatuniversität in Bonn studiere ich North American Studies und English Literatures and Cultures im Master. An der KU konnte ich Kurse aus verschiedenen Departments auswählen. Dementsprechend habe ich Kurse aus Political Science und dem English Department gehabt. Die meisten Kurse habe ich allerdings aus dem Women, Gender and Sexuality Studies Department belegt, welche alle sehr interdisziplinär waren und mich definitiv am meisten interessiert haben. Die Möglichkeit, aus so vielen verschiedenen Departments Kurse aussuchen zu können, hat mir sehr gut gefallen, auch wenn es einiges an Arbeit war, sich in die unterschiedlichen Essay-Stile der Departments einzufinden. Besonders interessant fand ich den Kurs „Gender & Race in US Politics“. Ich dachte, ich hätte eine gute Vorstellung vom politischen System der USA. Dieser Kurs hat mir definitiv meine Lücken aufgezeigt, diese geschlossen und mein Interesse an amerikanischer Politik sowie der feministischen Perspektive auf diese gestärkt.
Abgesehen von dem akademischen Highlights konnte ich auch einige sehr schöne außerakademische Erfahrungen an der KU sammeln. So hatte ich zum einen das Glück mich mit einigen law students angefreundet zu haben, welche mich auf diverse Events der Law School eingeladen haben, die sehr üppig über das Semester verteilt sind. Mein absolutes Highlight war der Barristers’ Ball (informell Law Prom), welcher im Spring Term stattgefunden hat. Ich hatte bereits in meinem Auslandsjahr in der 11. Klasse den High School Prom besuchen können und war dementsprechend wahnsinnig glücklich, die Möglichkeit zu bekommen ein weiteres Mal an einen Prom in Amerika, allerdings diesmal an einer Universität, teilnehmen zu können. Es war definitiv ein sehr cooles Erlebnis, das ich so schnell nicht mehr vergessen werde. Wann bekommt man schon mal die perfekte Ausrede, um ein Ballkleid zu kaufen?
Abgesehen von den vielen anderen Law-Events, die ich durch meine Freundinnen besuchen konnte, habe ich regelmäßig den sogenannten „Stammtisch“ des German Clubs von KU besucht. Dieser bestand hauptsächlich aus amerikanischen Studiereden, die am German Studies Department von KU studiert haben. Ich fand es ganz besonders spannend, zu erfahren, warum junge Amerikaner/innen sich dazu entschieden haben, ausgerechnet Deutsch als Fach an der Uni zu studieren. So haben ein paar erzählt, dass ihre (Ur-) Großeltern von Deutschland in die USA eingewandert sind oder dass ein Urlaub in Europa sie so fasziniert hat, dass Sie Deutsch lernen wollten. Ein Event, welches mir ganz besonders in Erinnerung geblieben ist, war als wir (mit anderen „Sprach-Clubs“ wie dem French Club) am Valentinstag mit interessierten Studierenden Karten in verschiedenen Sprachen geschrieben und Rosen verteilt haben.
Obwohl KU akademisch sowie freizeittechnisch einiges zu bieten hat, ist die Stadt Lawrence, in der die University of Kansas liegt, nicht zu vergessen. Lawrence ist eine super schöne kleine Stadt mit ca. 90.000 Einwohnern. Downtown besteht mehr oder weniger aus einer Straße: Massachusetts Street (und weil das viel zu lang und kompliziert ist, sagen die meisten einfach nur Mass). Dort gibt es super viele schöne kleine Geschäfte mit Artikeln von lokalen Künstlern und Möglichkeiten, relativ günstig Essen zu gehen. Zudem sind hier auch einige Bars, die zum Dart oder Billard spielen einladen. Es gibt zudem die Möglichkeit, im Blade & Timber Axt Werfen zu üben, welches ich das ein oder andere Mal ausprobiert habe. Es macht ziemlich viel Spaß und ist definitiv ideal für eine „study break“ geeignet. Insgesamt habe ich Lawrence als eine absolute Studentenstadt mit sehr viel Charme erlebt. Dadurch dass Lawrence relativ klein ist, kann man sich sehr schnell orientieren und fühlt sich dementsprechend schnell wie zu Hause.
Obwohl Lawrence ein wunderschönes Städtchen ist, in dem ich gerne Zeit mit meinen Freundinnen verbracht habe, habe ich die Gelegenheit in den USA zu studieren auch dafür genutzt, um mir einige meiner Reiseträume zu erfüllen. So war ich im Herbst in New England und habe mir neben den Universitäten Yale, Harvard und Brown die wunderschöne Herbstlandschaft während meines Roadtrips angeschaut. Auch waren mein Kalifornien-Trip sowie der Besuch des Yellowstone National Park absolute Highlights meiner Reisen in den USA. Diese Möglichkeit habe ich unter anderem auch dem Reisestipendium von Fulbright zu verdanken und dem Netzwerk zu anderen Austauschstudenten in den USA, welches zu Reisebegleitungen, Übernachtungsmöglichkeiten sowie zu Freundschaften geführt hat.
Ich bin unendlich dankbar, dass ich ein Jahr in den USA studieren konnte und werde mein Studium an der University of Kansas sicherlich nicht so schnell vergessen. Rock Chalk- Jayhawk!