Jun 06, 2019

Ein Jahr mit Fulbright

Von Robin Hüppe

Robin Hüppe (Mitte) mit seinen Mitstudierenden Gerrard Allam und Eleni Oikonomaki nach der Abschlusspräsentation des Urban Design Graduate Studios im Herbstsemester 2018 an der University of California at Berkeley. Foto: Hana Zaky

Mein Jahr am UC Berkeley Campus war meine erste Erfahrung als Teil des Fulbright-Networks. Fulbright hat mich nicht nur durch das Jahr begleitet, sondern auch meine persönliche sowie professionelle Weiterentwicklung in Kalifornien mitgefördert. Dieser Bericht konzentriert sich auf meine Studienerfahrungen, den Alltag und meine Highlights.

Berkeley ist als Teil der Bay Area ein toleranter, umweltbewusster und in vielen Belangen des öffentlichen Lebens fortschrittlicher Ort. Als gebürtiger Berliner habe ich mich im Alltag der Stadt überrraschend schnell eingefunden. UC Berkeley ist als akademische Einrichtung durchaus fordernd, stützt die Studierenden jedoch mit allerlei Serviceeinrichtungen und kostenfreien Hilfsprogrammen bezüglich mentaler und physischer Gesundheit sowie Unterbringung und Versorgung. Als Urban Design Graduate war es für mich persönlich von besonderem Vorteil, dass die meisten Graduate Studierenden wesentlich älter und erfahrener waren als ich und die meisten Undergrads. Dies bereicherte meinen Alltag insbesondere mit einer produktiven Gelassenheit, die für mich sehr willkommen war. Überstunden und unausgeglichene Arbeit vs. Freizeit ist im Bereich Design und Architektur normalerweise an der Tagesordung. Interessanterweise begegnete ich in meinem Programm einem andere Fulbrighter, der sogar mit seiner Frau und zwei Kindern angereist war. Ich erinnere mein Erstaunen, dass Fulbright so unterschiedlichen Lebensentwürfen die Chance bereitstellt, Teil dieses Weiterbildungserlebnisses zu sein.

Robin Hüppe auf einer seiner vielen Reisen durch die USA: Hier beim Sprungs in den Colorado River, nahe der Arizona Hot Springs. (Foto: Nick Burt)

Neben Fahrrad, Longboard und Unternehmungen mit Freunden habe ich mich in meiner Freizeit intensiv als Foodsaver engagiert. Die Bay Area ist aus gesellschaftlicher Perspektive einer der verzerrtesten Orte dieser Erde, den ich persönlich erleben durfte. Millionen-Immobilien sind neben Obdachlosenlagern situiert und extremer Reichtum trifft hartes Alltagselend. Dies führt für manche Bewohner, ob auf der Straße oder im Haus, zu Unsicherheiten in absolut grundlegenden Bedarfsmitteln, wie beispielsweise Nahrung. Berkeley ist zum Glück gut aufgestellt, was die Notversorgung Bedürftiger angeht: Urbane Gärten, NGOs und andere Einrichtungen Freiwilliger stellen die wichtigsten Güter für alle bereit, die sich das Leben in der „formalen“ Stadt nicht leisten können. Zu diesem Zweck habe ich mich einer Gruppe angeschlossen, die nach Geschäftsschluss nichtverkaufte Lebensmittel von kooperierenden Restaurants, Cafés und unabhängigen Geschäften einsammelt und dann in der eigenen Nachbarschaft per Online-Posting verteilt. Drei bis vier Mal die Woche war ich nach meinen Uni-Terminen mit dieser erfüllenden Aufgabe beschäftigt.

 

Highlights und Zukunft

Meiner persönlichen Höhepunkte waren wohl die verschiedenen Gelegenheiten, Kalifornien, die USA und seine Menschen auf Reisen besser kennen zu lernen. Die unendlichen Weiten des Landes sind nicht nur atemberaubend, sondern helfen ihren Betrachtern dabei, sich als kleiner Teil eines großen Organismus zu verstehen. Darüber hinaus hat Fulbright mich dabei unterstützt, entschiedener und offener auf andere Menschen zuzugehen und das Andere zum Vertrauten zu machen. Situationen, in denen aus Fremden Bekannte, und später manchmal Freunde wurden sind so zahlreich, dass es unmöglich ist auf alle einzugehen. Doch was ich definitiv betonen möchte, ist dass meine Erfahrungen in jedem Fall meine Fähigkeit zu reflektieren und jeden Mensch und jede Meinung als wertvoll zu empfinden sehr geschärft und geformt haben. Fulbright hat nicht zuletzt dazu beigetragen, uns als Grantees immer wieder dazu zu ermutigen, uns zu engagieren, einzubringen und als stetige Mitglieder einer Gemeinschaft zu verstehen.

Mein Jahr in Kalifornien und der Bay Area stellt auf allen erdenklichen Ebenen des Lebens und meiner Person ein sehr wertvolles, beispielloses Erlebnis dar. Ein fordendes, jedoch faires und transparentes Studiensystem hat mich gelehrt, mit einer gesunden Balance aus Produktivität und Erholung durch Planung und Struktur das Bestmögliche aus mir herauszuholen. Neue Denkweisen und Begegnungen, sowie Sensibilisierung von Meinung und das Verständnis der Undendlichkeit von Sichtweisen sind insbesondere in einer Zeit von bedenklichen weltpolitischen Strömungen ein unbezahlbares Gut. Die Verabschiedung von Berkeley und den Menschen, die mich durch das Jahr begleiteten war sicher emotional, jedoch war mir in jenen Momenten bewusst, dass ich die Bay Area nie verlassen werde. Meine physische Präsenz wird sich noch oft ändern, aber Campus, Haus, Umgebung, Menschen und Erfahrungen werde ich immer in Erinnerung present halten. Damit werde ich auch Fulbright als fortführendes Lebensgefühl in die Gesellschaften unserer Erde einbringen, durch die ich mich künftig bewegen werde.

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